Romane

Der Schatten des Inquisitors
Das Blut des Inquisitors
Die Ketten des Inquisitors
Das Geheimnis des Inquisitors

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Der Schatten des Inquisitors
Erster Roman des Inquisitor-Zyklus
von Valerio Evangelisti
aus dem Italienischen von Barbara Kleiner
Heyne Science Fiction & Fantasy, München 2001
Taschenbuch, 288 Seiten

Der erste Inquisitor-Roman erschien 1994 bei Mondadori in Mailand. Die Geschichte gliedert sich in drei Handlungslinien.

Die erste Linie trägt die Überschrift In Gedankenschnelle und spielt in der Gegenwart. Darin versucht der junge Wissenschaftler Markus Frullifer vergeblich, einen Physikprofessor von der Existenz so genannter "Psytronen" zu überzeugen. Dabei handelt es sich um unsichtbare Energieteilchen auf molekularer Ebene, die mittels der menschlichen Psyche beeinflusst werden können.

Die zweite Handlungslinie trägt die Überschrift Malpertuis und spielt in der Zukunft. Die Malpertuis ist ein psytronisches Raumschiff und befindet sich auf einer Expedition. Aus der Sicht eines jungen Soldaten wird die Reise an einen vom Leser nicht näher bestimmbaren Ort geschildert, der im 14. Jahrhundert liegt, wo die Götter noch lebendig sein sollen.

Die dritte Linie spielt in Spanien in der Mitte des 14. Jahrhunderts. Der junge Dominikaner Nicolas Eymerich wird zum Inquisitor ernannt. Kühl kalkulierend und rücksichtslos geht er gegen eine im Verborgenen agierende Gruppe von Frauen vor, die vom König protegiert wird, sich der Katholischen Kirche widersetzt und zu der antiken Göttin Diana betet.

Die drei Handlungslinien wechseln sich ab und sind miteinander verflochten. Einen Schwerpunkt stellen die Kapitel im Mittelalter dar, weil sie länger als die anderen sind. Mit etwas Abstand betrachtet geht es Evangelisti in dem ersten Roman des Inquisitor-Zyklus um männliche und weibliche Weltanschauungen und Handlungsweisen, die miteinander um Dominanz und Wahrheitsanspruch ringen. Magie und Religion, der Diana-Kult und die Katholische Kirche, die Hexen und der Inquisitor werden einander gegenüber gestellt.

Der erste Inquisitor-Roman kann sowohl als Science-Fiction als auch als historischer Roman betrachtet werden. Dieses Konzept setzt sich in den folgenden Bänden fort und bestimmt maßgeblich die Originalität von Evangelistis Roman-Zyklus.

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Das Blut des Inquisitors
Zweiter Roman des Inquisitor-Zyklus
von Valerio Evangelisti
aus dem Italienischen von Barbara Kleiner
Heyne Science Fiction & Fantasy, München 2001
Taschenbuch, 304 Seiten

Der zweite Roman aus Evangelistis Inquisitor-Zyklus knüpft sowohl an die Hauptfigur Nicolas Eymerich als auch an die Struktur des ersten Romans an. Das Buch erschien 1996 ebenfalls bei Mondadori in Mailand.

Die Geschichte gliedert sich in zwei Handlungslinien. Die erste Handlungslinie beginnt in den 1950er Jahren des 20. Jahrhunderts und zieht sich in raschen Zeitsprüngen fort bis in eine sehr nahe Zukunft. Handlungsorte sind die USA, Algerien, Kuba und der Irak. Die Hauptfigur dieser Handlungslinie ist der rassistische und misanthropische Wissenschaftler Doktor Lycurgus Pink. Er hat ein todbringendes Verfahren entwickelt, um bei Menschen die Sichelzellenanämie auszulösen. Immer rücksichtsloser setzt er seine Technik als biologischen Kampfstoff ein, zunächst für eigene Interessen, später im Auftrag und mit Unterstützung anderer.

Die zweite Handlungslinie spielt wieder im Spanien des 14. Jahrhunderts und hat den Inquisitor Nicolas Eymerich als Hauptfigur. Wieder wird er entsannt - und zwar in die kleine Stadt Castres, die in den vergangenen Jahrzehnten schwer von Pest und Krieg gepeinigt wurde. In Castres leben viele Färber, die das Stadtbild prägen. Sie sind nur eine von vielen Macht- und Interessengruppen, die in Castres miteinander (nicht immer friedlich) koexistieren. In der Gegend um Castres ist eine seltsame Krankheit ausgebrochen, die "Der Rote Tod" genannt wird. Die Katholische Kirche vermutet einen Zusammenhang mit Ketzerei. Eymerich soll ermitteln und mit seinem Eingreifen den Machtanspruch der Katholischen Kirche durchsetzen.

Beide Handlungslinien wechseln sich miteinander ab, wobei die Handlung im Mittelalter etwa doppelt soviel Raum einnimmt wie das Treiben von Lycurgus Pink im 20. Jahrhundert. Die Linien sind inhaltlich verknüpft durch die Sichelzellenanämie, die - so denkt sich Evangelisti aus - im 14. Jahrhundert in Castres durch Inzest und Blutrituale ihren Anfang nimmt.

Wenn man von der konkreten Geschichte absehen und einen distanzierteren Blick auf den Inhalt werfen möchte, dann geht es in Evangelistis Roman um Machtstrukturen, die Handlungsformen ausbilden, um sich selbst um jeden Preis am Leben zu erhalten. Diese radikalen Handlungsformen finden ihren paradoxen Höhepunkt darin, dass die Grundlage der verursachenden Machtstruktur, der Mensch, völlig ausgelöscht wird.

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Die Ketten des Inquisitors
Dritter Roman des Inquisitor-Zyklus
von Valerio Evangelisti
aus dem Italienischen von Barbara Kleiner
Heyne Science Fiction & Fantasy, München 2001
Taschenbuch, 336 Seiten

Der dritte Roman aus Evangelistis Inquisitor-Zyklus gliedert sich erneut in zwei Handlungslinien, eine spielt in der Vergangenheit, genauer: im 14. Jahrhundert, die andere spielt in der Gegenwart bzw. zu verschiedenen Zeitpunkten im 20. Jahrhundert.

Der Inquisitor Nicolas Eymerich wird vom Papst in ein kleines Dorf in Frankreich entsendet, in dem Gerüchten zufolge eine letzte Gruppe Katharer sein Unwesen treiben soll. Während seiner Nachforschungen stößt Eymerich auf Widerstand von Seiten der Machthaber, setzt sich aber durch und wird schließlich der Ketzerenklave gewahr, wegen der er vor Ort ist. Zentrum der Ereignisse scheint ein abgelegenes Versteck in den Bergen zu sein, an dem es Tiermenschen und unsterbliche Hüllen ohne Seele geben soll.

In der Gegenwartslinie spielen die Tiermenschen, obskure Gen-Versuche und der Wunsch, widerstandskräftige Super-Soldaten zu erschaffen, eine zentrale Rolle. Es gibt keine Hauptfigur, die in dieser Linie durchgängig auftaucht. Die Episoden werfen Schlaglichter auf verschiedene Zeiten, Personen und Schauplätze und stehen in lockerer Verbindung mit den Ereignissen im Mittelalter. Am Ende werden die Gegenwarts- und die Vergangenheitslinie zusammengeführt.

Valerio Evangelisti geht in Die Ketten des Inquisitors der Frage nach, was passieren würde, wenn ein Weg zur Unsterblichkeit entdeckt werden würde - und zwar von den falschen Leuten. Dieser Band der Inquisitor-Reihe baut verstärkt eine Horror-Atmosphäre auf und driftet gelegentlich (in der Gegenwartslinie) in ein Gefühl von Trash ab. Nazis als Bösewichter, verrückte Wissenschaftler, Mutanten, eine sinistre Verschwörung und der Traum von der Weltherrschaft - das hat wenig Kritisch-Reflektiertes an sich als vielmehr Unterhaltsam-Schauderndes.

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Das Geheimnis des Inquisitors
Vierter Roman des Inquisitor-Zyklus
von Valerio Evangelisti

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